Wie fand der Künstler zum Material selbst? Zunächst über das Licht als zentrales Thema seiner Sinneswahrnehmung und gleichzeitig dem Bestreben, die verschiedenen Phänomene im Zusammenhang mit Licht, das auf Materie trifft, zu untersuchen und ihnen durch seinen künstlerischen Ausdruck in Form von Glasobjekten eine neue Bedeutung zu geben; bei Florian Lechner heißt dies: „Lichtmaterie“.
„Licht ist nicht sichtbar, das ist so schwer zu verstehen und nachzuvollziehen. Ich taste mich da mit den Kindern so ran: ihr wisst ja, warum der Himmel blau ist, da kommt sofort: wenn man auf dem Mond steht, ist alles schwarz, man muss direkt auf einem Stern stehen, damit man das Licht erkennen kann, aber sonst ist absolute Dunkelheit. Der Planet, auf dem wir leben dürfen ist geprägt durch sichtbares Licht.“
Glas und seine Konstanten: Licht, Raum, Klang
„Glas ist das einzige Material, was in diesem starken Umfang Licht brechen kann und welches über die entsprechende Durchsicht verfügt, bei einer Figur aus Glas nehme ich diese wahr und auch das, was dahinter ist, was wiederum darauf wirkt, was ich vorne sehe. Eine reizvolle Verbindung aus dem, was unser Gehirn erkennen möchte und was es geliefert bekommt.“ Und in der Physik ist Lichtgeschwindigkeit ein absoluter Wert, auch wenn man sich da noch nicht so einig ist, es gibt immer noch Unbekannte, was ist jetzt Materie, was ist Schwingung, auch Klang ist eine Schwingungsform.“
Zurück zum Glas als Werkstoff selbst: in den 60er Jahren wurde von Florian Lechner das sogenannte Schmelzglas entwickelt, seine Erfindung, mit der es gelang, die Grenzen der Glasbearbeitung auszuloten. Erstmals konnten diaphane (lichtdurchlässige) Wände ohne Beton oder Bleiruten auskommen.
Dank dieser technischen Neuerung entstanden zahlreiche Werke auf dem gesamten europäischen Kontinent.
Öffentliche Räume und sakrale Bauten laden ein, die sichtbar gewordenen Visionen des Künstlers zu betrachten und sich darauf einzulassen. Ein monumentales Projekt wie der Glasbrunnen im Innenhof der Bayerischen Landesbank, München, spiegelt die gedankliche Einheit von Glas, Licht, Wasser und Bewegung in unvergleichlicher Art und Weise, weltweit der erste Glasbrunnen überhaupt. Im Kloster Ettal gibt es eine wunderschöne Kirche neben dem Hauptraum, „die habe ich total gestaltet, zunächst ging es nur um die Fenster und dann habe ich das gesamte Konzept entwickelt, damit die Bezüge klar werden. Eine Rarität in meinem Wettbewerbsleben insofern, als dass der leitende Architekt bei der Vorstellung dermaßen lobende Worte für meine Gestaltung fand, dass ich fast in den Boden versunken wäre – in der Jury Totenstille.“
Mehrere Wendungen durchziehen das Werk Florian Lechners, bis hin zu einer Entwicklung zum zerbrochenen Glas. „Das Verletzte ist sehr lichtvoll und so kam es zur Bearbeitung fertiger Säulen mit Hammer und Meißel, ein Risiko, das ich bereit war, einzugehen, das Material lässt sich nicht betrügen. Auf den Menschen bezogen kann man vielleicht sagen: die Endlichkeit, Vergänglichkeit als unabdingbares und lichtvolles Element.“
Zuletzt auch die Verwendung von Stahl zum Biegen der Glassäulen: „Das Glas muss fast „leiden“, erst ist es weich und fließend, und wird dann „gefügsamer“ gemacht.“
Die Interaktion zwischen bildender Kunst und Musik nimmt ebenso einen großen Stellenwert bei Florian Lechner ein. Seine klingenden Glasschalen erweitern das Repertoire in Richtung Klang und seiner unerschöpflichen Inspirationsquellen.
Fotos (c) Maresa Jung, Florian Lechner
Veröffentlicht in der Januar Ausgabe Wendelstein Anzeiger, 2022
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