Volkstheater Flintsbach
Mit Begeisterung in die neue Spielsaison

„Wenn Mitte August unsere Spielsaison vorbei ist, dann steht ein halbes Jahr alles erstmal still, die Hausbänke kommen rein und alles wird eingewintert“, sagt Toni Obermair, der erste Vorsitzende. „Ende März, Anfang April erwacht das Ganze wieder zum Leben und dann geht es natürlich gleich los mit Bühnenbau, Malerei und jetzt wird fast täglich gemalt, gearbeitet, geprobt und alles gemacht, was halt so daran hängt.“
Als erstes wird die Kulisse, also die Rohkulisse gebaut, dann kommt die Malerei und ganz zum Schluss die Beleuchtung - aber das läuft immer parallel zum Probenbetrieb mit.
Das Stück “Der Geisterbräu” kommt dieses Jahr zum dritten Mal zur Aufführung im Volkstheater, es wurde bereits 1977 und 1990 gespielt.
Der Autor, Josef Maria Lutz, schrieb das Stück 1937 als „Schelmenstück” und es wurde im Laufe der Jahre zum Klassiker und von vielen Volksbühnen immer noch erfolgreich inszeniert.
Als Autor und Dramatiker setzte sich Lutz besonders für den Erhalt der bayerischen Mundart ein und schrieb 1948 auch eine neue Version der „Bayernhymne”, und fügte eine dritte Strophe hinzu, seither auch als „Lutz-Fassung” bekannt.
Im Volkstheater feiert man dieses Jahr auch ein besonderes Jubiläum: das Gebäude wurde 1823 erbaut und dient nun seit 200 Jahren als Spielstätte. Bereits seit 1675 wurde im Umkreis der Pfarrkirche Theater gespielt, eine lange Tradition, der sich der Verein verpflichtet fühlt. Wobei sich im Laufe der Geschichte ein Wandel vollzogen hat: im eigenen Gebäude kamen Ritterspiele und auch Passionsspiele zur Aufführung, dann wandte man sich den bäuerlichen Volksstücken zu und seit ca. 50 Jahren hat sich die Auswahl der Stücke weiter verändert vom eher „volkstümlichen” Bauerntheater weg hin zu anspruchsvollerem Repertoire. Diese Linie wird seither verfolgt und aufrechterhalten. Zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen belegen dies.
In der Fotogalerie im Erdgeschoß kann man durch die bis 1843 erhaltenen Originalplakate und Fotos „blättern” - eine Bilddokumentation der gespielten Stücke ab 1994 ist auf der Website des Volkstheaters zu finden.
Allein im Hinblick auf die Technik im Hause kann das Volkstheater aus dem Vollen schöpfen: so ist die Bühne größer als der Zuschauerraum, und dieses Jahr wird mit einer mobilen Drehbühne gearbeitet, die mehrere Bühnenbilder erlaubt und schnelle Wechsel ermöglicht. Um die dreißig Vorhänge sind vorhanden, feste Vorhänge mit Türen und Fenstern, die aufgezogen werden können. „So können wir auch Stücke umsetzen, die andere Theater nicht schaffen, das kommt uns schon sehr zugute“, meint Toni Obermair.
Wer einen Blick in die Requisite und den Kostümfundus werfen darf, ist beeindruckt von der Fülle an Gegenständen und Kleidung, die je nach Thema zum Einsatz kommen. Es wird auch neu hinzugekauft, und mittlerweile erleichtert das Internet die Suche nach historischen Sammlerstücken.
Und dann sind da natürlich, neben der vielen Technik und Ausstattung, die Spieler:
auf der Bühne aktiv wirken zwischen 15 und 40 Personen mit, und insgesamt sind es zwischen 50 und 70 Leuten, die jede Saison mit dabei sind.
Externe Techniker oder Beleuchter finden sich nicht, es sind alles die Spieler, die in Doppel- oder Dreifach-Jobs vor und hinter der Bühne agieren. Da wird geschminkt, souffliert, umgebaut und musiziert. Es gibt Handwerker im Ensemble, die am Wochenende in ihrer Freizeit den Bühnenbau gestalten.
Absolutes Teamplaying also, das von der Mannschaft gefordert wird, und für jeden einzelnen sind es zunächst um die 25 Probentermine und ebenso viele Vorstellungen, die absolviert werden.
Im diesjährigen Stück treffen nicht nur unterschiedliche Charaktere aufeinander, sondern auch Dialekte, die bayerische Mundart überwiegt natürlich, aber es wird auch geschwäbelt und berlinert. Schon bei der Probe merkt man, wie viel Spaß die Akteure am Stück haben und die sprichwörtliche „Begeisterung” wirkt ansteckend.
Zuviel sei nicht vorweggenommen, denn am 17. Juni heißt es dann „Vorhang auf” und Toni Obermair freut sich schon im Vorfeld: „mir ist in meinem Leben noch kein Geist erschienen, außer die Geister, die bei uns auf der Bühne agieren, aber das Thema Geist ist glaub ich immer interessant für den Zuschauer und daher finde ich es super gut. Eine lustige, amüsante Szene, wie sich die zwei Geister da treffen und das wird bei uns heuer eine schöne, lustige Saison.”
Mehr zum Volkstheater und den Spielterminen unter: www.volkstheater-flintsbach.de
Veröffentlicht im Wendelstein Anzeiger, Juni Ausgabe 2023